WDR, 10 Minuten über Arge-Konflikt, Neugier genügt

Wer  es mit der ARGE zu tun bekommt ist arm dran. Wer sich nicht alles schriftlich bestätigen läßt, wer auf mündliche Zusagen setzt, zieht den Kürzeren. Diese Erfahrung macht gerade Sabine Welter. Die ehemalige Hausfrau und Mutter von drei Kindern  ist 40 Jahre alt. Durch ihre Scheidung wurde sie zur Hartz-IV-Empfängerin. Das wollte sie auf gar keinen Fall bleiben – und hatte Erfolg.  

 

O-Ton-Welter-1-5:50 Ich hab versucht, mir was Solides zu suchen.  6:20  Dann hab ich geguckt und letzten Endes zufällig hab ich einen Aushang bei mir in der Stadt gefunden und mich, wenn man so möchte, dreist einfach auf diesen Ausbildungsplatz hin beworben. Mich vorher bei der Arge rückversichert, wäre das möglich, wäre das generell gestattet. Und tatsächlich hat der Chef dieses Betriebs gesagt, ich würd‘s mit ihnen versuchen. Trotz meiner 40 Jahre, trotz meiner drei Kinder, trotz meiner schwierigen Lebenssituation. Weil im Bereich der Hörgeräteakustik ein großer Bedarf an Kräften ist. Und er mir das generell zutraute, trotz meines fortgeschrittenen Alters. 

 

Autorin: Ihr Chef ist Pascal Jonen, Hörgeräteakustikmeister und Inhaber mehrerer Geschäftsfilialen im Raum Aachen/Frechen.

 

O-Ton Argejonen-1-0:31 Es kam dazu aufgrund einer Anzeige, die wir geschaltet haben. Dass wir eine Ausbildungsstelle anbieten. Und da haben wir mehrere Bewerbungen erhalten, u.a. die Bewerbung von der Frau Welter, die für uns interessant war. Weil sie auf uns im persönlichen Gespräch einen guten Eindruck gemacht hat. Eine hohe soziale Kompetenz vorweisen konnte.

Autorin: Ein Glücksfall für die 40jährige Sabine Welter. Vor Antritt ihres ersten Lehrjahres Anfang September hatten sie und ihr Chef sich in Gesprächen mit dem für Sabine Welter zuständigen Sachbearbeiter der Arge Rhein-Erft mehrfach bestätigen lassen, dass mit der Finanzierung der auf drei Jahre angelegten Ausbildung auch alles klar gehe. Ihre Nachfragen waren berechtigt, denn üblicherweise fördert die Arge nur Umschulungen für die Dauer von zwei Jahren. Da es sich hierbei jedoch  um einen dreijährigen Ausbildungsplatz handelte, hatten sie verhandelt und mündlich die Zusage bekommen. Genau hierüber nun geht der Zwist, der Anfang Dezember in erster Instanz vor dem Sozialgericht Köln ausgefochten werden soll.

 

O-Ton-Welter-1- 7:52 Ich habe mich bei der Arge rückversichert. Ich habe angefragt, wäre das ne aussichtsreiche Maßnahme für mich? Geht das? Ja, das geht. Ich habe gesagt, die Ausbildungsvergütung ist nicht besonders üppig. Was ist mit den weiteren Leistungen? Ja, dann müssten wir mal schauen.  Ich hab eben zwischendurch mit meinem potentiellen Chef mich unterhalten, gefragt, was ist da möglich. Er hat sich mit der Arge unterhalten, welcher Spielraum ist es, weil Förderungen maximal von der Arge zwei Jahre übernommen werden dürfen. Und dann sagte man ihm, nach einigem Hickhack, naja gut, wenn sie sich bereit erklären, im 3. Jahre die zusätzlichen Kosten zu übernehmen, Fahrtkosten, Unterbringung in der Berufsschule. Es gibt leider nur eine in Deutschland und die sitzt in Lübeck, dann würden wir das für die ersten zwei Jahre übernehmen. 

 

Autorin: Auf diese Zusage, verließen sich Frau Welter und ihr Arbeitgeber, Herr Jonen. Am 1. September begann daher die Ausbildung.

 

O-Ton Welter 21:30 Das habe ich leider nur mündlich. Das war ein vier-Augen-Gespräch. Und es gab eben keine schriftlichen Zeugnisse darüber. Ich weiß nicht, ob mein Wort da genau soviel wiegt wie das von dem Mitarbeiter. Wobei die Arge sich auf den Standpunkt stellt, schriftlich haben wir nichts rausgegeben. Stimmt ja auch.

 

Autorin: Auch ihr Lehrherr  hat alles nur mündlich ausgehandelt. Auf die ihm, so sagt er,  zugesicherte schriftliche Bestätigung wartete er vergebens.

 

O-Ton Argejonen-1-12:44 Der Mitarbeiter der Arge bot mir eine Unterstützung für eine zweijährige Ausbildung an. Diese habe ich jedoch abgelehnt, da eine zweijährige Ausbildung mit einer höheren Abwesenheit der Auszubildenden verbunden ist. Und auch bei der bestehenden Vorbildung der Frau Welter die Ausbildung in zwei Jahren nicht bewältigt werden kann.

 

Autorin: Ausbilder Jonen blieb hartnäckig, bestand darauf, dass er keine Umschulung, sondern einen Ausbildungsplatz anbiete.

 

O-Ton-Argejonen 13:44 Wobei ich mich  noch sehr konkret an die Einigung mit dem Herrn Weishof von der Arge erinnern kann, der mir bestätigt hat, dass er mit dem Team, mit der Teamleitung  oder mit der Leitung der Arge nochmal Rücksprache gehalten hat, und dass sie in diesem Ausnahmefall die Kosten übernehmen würden. 8:14 In mehrfachen Telefongesprächen wurde mir von dem Mitarbeiter der ARGE versichert, dass die ARGE die Kosten für die Unterbringung des ersten und des 2. Ausbildungsjahres übernimmt, wenn ich mich bereit erkläre, die Kosten des 3. Ausbildungsjahres zu übernehmen.

 

Autorin: Am 10. September wollte Pascal Jonen das Ganze absichern. Er bestätigte dem zuständigen Mitarbeiter bei der Arge Rhein-Erft  die in dem Telefonat getroffene Verabredung.

 

Sprecher:  Die Kosten für die Fahrt zur Berufsschule und die Unterbringung dort werden wir während des 3. Ausbildungsjahres wie besprochen übernehmen und Sie zahlen somit diese Kosten nur während der ersten beiden Ausbildungsjahre.

 

Autorin: Eigentlich war damit alles geklärt. Die Arge zahlt für zwei Jahre die Ausbildung, Frau Welter hat eine Zukunftsperspektive, Herr Jonen ist mit seiner neuen Auszubildenden sehr zufrieden. Und bei der Arge fallen nur die Kosten an,  die sie auch üblicherweise für eine zweijährige Umschulung zu zahlen bereit ist. Nicht mehr und nicht weniger.  

Doch dann am 20. Oktober wurde all dies zunichte gemacht. Obwohl die Lübecker Berufsschule bestätigt hatte, dass die Ausbildungszeit von drei Jahren nicht verkürzt werden könne, erkundigte sich die Arge Rhein-Erft noch einmal bei der für sie zuständigen Handwerkskammer. Hierzu  Wolfgang Vianden, stellvertretender Geschäftsführer der Arge Rhein-Erft,

 

O-Ton Vianden: 10:41 Erst am 15. Oktober wurde uns dann mitgeteilt, es ist doch eine Verkürzung möglich um ein Drittel, nämlich auf zwei Jahre. Daraufhin erfolgte dann der Ablehnungsbescheid.

 

Autorin: Für Sabine Welter und ihren Chef bedeutet dies nun: Es gibt  gar keine Förderung von der Arge. Nicht für das dritte Lehrjahr, nicht für die beiden ersten. Von anderslautenden Zusagen will man laut Arge-Sprecher Wolfgang Vianden nichts mehr wissen.

 

O-TonVianden 14:34 Ich habe intensiv nachgefragt, ist in irgendeiner Weise auch nur eine mündliche Zusage in der Form erfolgt, dass zu dem Sachverhalt alles geklärt wäre und von einer Bewilligung auszugehen sei. Das ist verneint worden.

 

Autorin: Nachgefragt hat er bei dem damals für Sabine Welter zuständigen Mitarbeiter. Dessen Aussagen widersprechen Sabine Welter und ihr Ausbilder Pascal Jonen.

 

O-Ton Argejonen -1- 14:05 Das war ne definitive Zusage. Wir haben ja auch mehrere Telefongespräche geführt, wo das das Ergebnis war. 16:12 . Außerdem wollten wir keine Umschülerin sondern eine Auszubildende. Das hab ich ihm auch definitiv gesagt.  16:51 In der Summe hab ich das Ausbildungsverhältnis mit der Frau Welter begonnen, weil mir vonseiten der Arge eine Kostenunterstützung zugesagt wurde, die ihm Nachhinein jetzt anscheinend nicht gegeben ist. Daher fühle ich mich von der Arge getäuscht. 

  

Autorin: Sollte die Arge weiterhin auf ihrer Position beharren, sollte sie gar vor dem Kölner Sozialgericht Anfang Dezember Recht bekommen, dann müsste Sabine Welter ihre Ausbildung abbrechen.

 

TonArgewelter-1-22:57 Irgendwo ist es schon ne ziemliche Katastrophe. Es ist ausgesprochen belastend. Weil ich mir durch eigenes Engagement eine Perspektive erarbeitet habe, die mich eben dauerhaft aus dem Leistungsbezug rausbrächte. Mich wieder zu einem vollwertigen Mitglied der Gesellschaft machen würde. Und mir auch die Möglichkeit gäbe, dass meine Kinder nicht auch schon Sozialamtsadel werden. 

 

E N D E