Die telefonische Mordsberatung Februar 2014

Jan Costin Wagner: „Tage des letzten Schnees“, Galiani-Berlin, 19,99 Euro, ISBN 869710174, Anfang 2014

Die nüchtere Beschreibung der Fakten reicht bei weitem nicht an den Zauber dieser Geschichte heran. Sie hat zwar mit Toten, Ermordeten, der Suche nach dem Täter alle Zutaten, die einen Krimi erst zum Krimi machen. Dabei ist sie allerdings viel mehr, sie ist ein melancholisches Stimmungsbild aus einem verschneiten Land. Sie ist zauberhaft und verzaubernd, hoffnungslos und manchmal lächelnd. Ein Krimi, wenn man so will, voller Charme, mit einer Nähe zu den handelnden Personen, die kaum jemand so gut wie der Deutsch-Finne Jan-Costin Wagner herstellen kann. Ein wirklich mitreißendes sprachlich wunderschönes Buch, das einen zu Herzen rührt – in all seiner unfassbar brutalen Menschlichkeit. MüM

 Kathy Reichs: „Totengeld“, Blessing, Thriller, 19,99 Euro, Ende 2013, Ü amerik Klaus Berr, ISBN 896674524

USA. Passt perfekt in die heutige MB. Reihe um die forensische Anthropologin Tempe Brennan. Übt den gleichen Beruf aus wie die Autorin, die in Quebec arbeitet und Professorin für Anthropologie an der Uni of North-Carolina ist. Und die zur forensischen Anthropologie, also der Untersuchung von Toten kam, als sie um die Mithilfe bei einem Kindsmord gebeten wurde. Der Mörder wurde zwar nie gefunden. Doch dieser Fall war der Auslöser nun den inzwischen 16. Tempe Brennan Krimi zu schreiben. Wieder voller Fachchinesisch. Das kritisiere ich ja jedesmal. Doch diesmal besser eingebettet, man kann es, wenn es nicht interessiert, einfach überlesen. Übrig bleibt eine unglaublich faszinierende Geschichte, der ich mein gesamtes WE opferte. Und es nicht bereute.   Die Leiche eines jungen Mädchens wird auf einer einsamen Landstraße gefunden. Offenbar ein klassischer Autounfall. Und Ermittler Skinny Slidell, grobschlächtig, unfreundlich, aber tough, geht von Fahrerflucht aus. Tempe Brennan vermutet, weil das Mädchen für ihn nichts weiter ist als eine illegale Einwanderin, eine Prostituierte, nach der sowieso kein Hahn kräht. Doch irgendetwas stimmt hier nicht. So legt sie die Kleine auf ihren Obduktionstisch und entdeckt Wunden an dem toten Körper, die eindeutig auf Mord hindeuten. Doch auch das löst zunächst eher widerwillige Ermittlungen aus, die allesamt in Sackgassen enden. Während sie noch grübelt, wie sie die Sache in Schwung bringen könnte, wird sie zu den US-Streitkräften nach Afghanistan gerufen. Dorthin, wo ihre Tochter Katy gerade eingesetzt ist. Und wo ein Soldat beschuldigt wird, unschuldige Zivilisten bei einem Einsatz der US-Marines erschossen zu haben. Hinterrücks. Nun soll sie die schon begrabenen Leichen der beiden toten Männer begutachten und klären, ob der Schuss von vorne oder von hinten kam. An dieser Stelle des Krimis dachte ich zunächst, nun macht Kathy Reichs noch ein Fass auf. Erst nach einer Weile wurde mir aber klar, dass all dies zusammenhängt. Dass Reichs ein Szenario um eine Opfergruppe gestrickt hat, das Seinesgleichen such. Ein grandioses Buch, fesselnd, politisch höchst informativ. Supertoll recherchiert. Ein Hammer das Ganze. Unbedingt lesenswert. MüMü


Nora Luttmer: „Der letzte Tiger“, Kommissar Ly ermittelt in Hanoi. Aufbau-Taschenbuch-Verlag. 9,99 Euro, End 2013, 746629612

Peggy Blair: „Die Geister von Havanna“ – Inspector Ramirez ermittelt, Wunderlich, 1/14, ü. eng. Juliane Pahnke, 19,95, ISBN 9783805250252

Simon Beckett: „Der Hof“. Wunderlich, 2/2014, 19,95, Ü engl. Juliane Pahnke, ISBN 805250689